Isabel Allendes Buch „Was wir wollen“ nahm ich mal wieder spontan im Buchladen mit. Ich hatte noch nie davon gehört, es stand auf keiner meiner Listen, aber es sprang mich direkt an. Und es war eines jener Bücher, die ich mir sofort vornahm, kaum dass ich wieder zuhause war. Denn Feminismus steht, das habe ich ja hier schon öfters erwähnt, gerade ganz weit oben auf meiner „In“-Liste.
Ich muss sagen, dass ich am Anfang eher ein bisschen enttäuscht war von dem Buch. Ich empfand es als nicht stringent, zu sprunghaft, zu stark abweichend vom eigentlichen Thema. Mal erzählt Isabel Allende von ihrer eigenen Kindheit, mal von ihrer Zeit als Journalistin, mal vom Älterwerden. Doch im letzten Drittel des Buches geht sie ans Eingemachte. Sie präsentiert uns schonungslos die Wahrheiten über den Ist-Zustand der Gleichberechtigung und ruft uns alle (nicht nur, aber besonders die Frauen) dazu auf, den Status Quo in einer gemeinsamen Kraftanstrengung endgültig und ein für allemal zu ändern.
Zuallererst müssen wir das Patriarchat beenden, diese jahrtausendealte Ordnung, die alle männlichen Vorzüge (und Unzulänglichkeiten) überhöht und die weibliche Hälfte der Menschheit unterdrückt. Wir müssen alles in Frage stellen, von Religion und Gesetzgebung bis zu Wissenschaft und Gewohnheiten. Wir werden uns ernsthaft aufregen, uns so sehr aufregen, dass unser Zorn die Grundfesten zermalmt, auf denen diese Ordnung ruht. Die Fügsamkeit, als weibliche Tugend in den Himmel gelobt, ist unser ärgster Feind, uns selbst hat sie noch nie etwas gebracht, sie nützt ausschließlich den Männern.
- Allende, Isabel, Was wir Frauen wollen. Berlin 2021 -
Als ich das Buch fertig hatte, war es weit nach Mitternacht und ich zu aufgewühlt, um schlafen zu können. Ja, sie hatte ja so recht. Nur wie, wie wollen wir das tun? Und was kann ich dazu beitragen? Warum musste ich 47 werden, um meine Weiblichkeit neu zu entdecken, um mich neu zu definieren? Und trotz allem fühle ich mich ein bisschen beruhigt, denn jede Stimme, die sich erhebt gegen die Ungerechtigkeit, ändert etwas an diesem System. Es ist vielleicht nicht für uns erkennbar, doch alles Tun auf dieser Erde hinterlässt einen Stempel. Nichts ist umsonst. Und deshalb: danke Ihnen, Frau Allende, dass Sie sich in ihrem fortgeschrittenen Alter nicht weise zurücklehnen und süffisant die Probleme der Welt weglächeln, sondern dass Sie uns aufrufen, weiter an der Gleichberechtigung zu arbeiten. Es ist ein fernes Ziel und doch dank Ihres Buches schon wieder ein bisschen näher gerückt.