Angela Grigelat: Diagnose Krebs – Das Überlebensbuch für die Seele

Wieder einmal ein Buch, das sich mir im Buchladen geradezu entgegenwirft. Meist geschieht das an jenen Tagen, in denen ich „nur mal schauen“ will, in dem Wissen, dass ich eigentlich gerade im Moment nicht allzu flüssig bin. Also so ab zwanzigsten eines jeden Monats quasi. Aber dieses Buch wanderte ohne große Gewissensbisse dann trotzdem in meine Einkaufstasche. Denn schließlich soll meine Seele ja überleben. Jetzt, wo ich weiß, dass meine Seele keine Erfindung von Joseph Eichendorff ist.

Seele wird aber in diesem Buch anders definiert als ich das für mich tue. Eine Abgrenzung von Geist und Seele findet nicht statt, die Seele ist die „psychische Ebene“, die Psyche sozusagen. Hier ein kurzes Zitat, um dies zu verdeutlichen: 

Indem wir uns in zwei getrennte und doch irgendwie aufeinander bezogene Seinshälften aufteilen, nämlich hier Leib und dort Seele, schaffen wir uns eine beruhigende Ordnung. … Die Seele wirkt auf den Körper und drückt sich über ihn aus.

- aus Grigelat, Angela: Diagnose Krebs, S.19ff -

Dass Mediziner mittlerweile die Wechselwirkung zwischen Körper und Geist genauer in Augenschein nehmen, ist hinreichend bekannt und gleichzeitig beruhigend. Doch mich hatte eben dieses Wort „Seele“ zu der Annahme verführt, hier würde jemand über die wirklich tieferen Dimensionen meines Selbst (oder die höheren, wie man es eben sieht) schreiben. Dementsprechend enttäuscht war ich.

Trotz alledem muss ich sagen, dass in dem Buch viel Aufbauendes zu finden ist und man sich wirklich häufig ertappt fühlt, häufig in den Gedanken der Autorin wiederfindet. Um nur ein Beispiel zu nennen: Grigelat weiß, dass Patientinnen als Reflex auf die Diagnose häufig nach krank machenden Aspekten ihres Lebens suchen. Das wird bestärkt durch eine Umwelt, in der diese Meinung eben auch immer latent vorhanden ist. „Die hat Krebs, da muss ganz schön was falsch gelaufen sein in ihrem Leben“, so denken trotzdem viele Menschen – und manche äußern es auch. Hier bringt Grigelat aber einen ganz wunderbaren Vergleich. Sie schreibt, wenn ein Tsunami über einen Strand fegt, dann macht man sich ja auch keine Gedanken darüber, ob wohl etwas mit dem Strand nicht in Ordnung gewesen sein könnte. Und das ging mir nie mehr aus dem Kopf. Ich habe keine Schuld, ich habe nichts falsch gemacht – das war für mich persönlich auch tatsächlich die Hauptbotschaft dieses Buches. Und dafür hat sich die Anschaffung auch gelohnt. Obwohl es schon Mitte des Monats war.

Was noch im Buch zu finden ist, sind Tipps dazu, wie ich psychisch mit der Krankheit umgehe, wie ich mir Kraft holen kann, wie ich auch mit dem Thema „Tod“ umgehen kann. Das Buch ist also keine leichte Lektüre und lieber wäre es mir gewesen, ich hätte es nie kaufen müssen. Und doch ist es eben notwendig gewesen, sich mit diesen Fragen auseinanderzusetzen.

Übrigens lese ich im Moment ein weiteres Buch zum Thema „Tod“: „In die Sonne schauen“ von Irwine D. Yalom. Was noch im Bücherregal liegt, ist „Reise mit Paula“ vom selben Schriftsteller. Wahrscheinlich war es gerade Anfang des Monats und deswegen flogen irgendwie beide Bücher in meinen Korb. Ich werde berichten, ob sie sich „gelohnt“ haben. 

Buchcover - Diagnose Krebs  - Das Überlebensbuch für die Seele
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